Männer & Altersdiskriminierung

Altersdiskriminierung im Job: Wenn 30-jährige Chefs glauben, du wärst ihr Vater

Altersdiskriminierung bei der Bewerbung – Michael M. hatte nie gedacht, dass er damit kämpfen müsste. Drei Jahrzehnte Vertriebserfahrung, unzählige erfolgreiche Kundengespräche, Verhandlungsgeschick, Loyalität und nicht eine längere Krankheitsphase. Mit 54 Jahren fühlte er sich alles andere als müde – im Gegenteil: Nach der Schließung seines eigenen Unternehmens war er bereit für einen Neustart. Voller Energie schrieb er 17 Bewerbungen in zwei Monaten. Das Ergebnis: 14 Absagen, drei Firmen meldeten sich gar nicht.

Eine davon kam besonders schnell. Nicht einmal 24 Stunden nach dem Absenden. Der Satz lautete: „Wir haben uns für Bewerberinnen entschieden, deren Profil besser zu unserem Team passt.“* Kein Hinweis auf seine Qualifikation, keine Frage nach einem Gespräch, keine Chance, sich zu erklären. Michael wurde stutzig.

Er passte also nicht ins Team – war das ein Code für zu alt?

In Deutschland ist Altersdiskriminierung verboten. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) schützt Bewerber davor, wegen ihres Alters benachteiligt zu werden. Theoretisch. In der Praxis ist es komplizierter. Denn wer beweisen will, dass er nur wegen seines Alters nicht eingeladen wurde, braucht konkrete Belege: interne E-Mails, Aussagen von Mitarbeitenden, oder wiederholbare Muster.

Michael sprach mit einem Anwalt für Arbeitsrecht. Der bestätigte, was viele erfahren: Ja, Altersdiskriminierung ist Realität – aber der Beweis ist schwer. „Sie könnten ein sogenanntes Testing machen“, sagte der Jurist. Zwei Bewerbungen verschicken, gleiche Qualifikation, nur das Geburtsdatum unterschiedlich. Das sei ein Indiz – aber eben kein gerichtsfester Beweis.

Michael meldete sich bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, holte sich Tipps, wie er mit dem Thema umgehen kann. Gleichzeitig wurde er gewarnt: Manche nutzen das Gesetz aus – sogenannte AGG-Hopper bewerben sich gezielt auf diskriminierende Anzeigen, nur um später Entschädigung zu fordern. „Das ist rechtsmissbräuchlich“, erklärte man ihm, „und kann strafrechtliche Folgen haben.“ Für echte Betroffene sei das ein Schlag ins Gesicht – denn es erschwert die ohnehin schon heikle Beweislage.

Also versuchte Michael einen anderen Weg. In seiner nächsten Bewerbung ging er selbstbewusst mit seinem Alter um:

„Ich bin 54 Jahre alt und bringe neben Fachwissen auch Gelassenheit, Veränderungsbereitschaft und digitale Kompetenz mit. Ich weiß, wie Wandel funktioniert – denn ich habe ihn gelebt.“

Er überarbeitete sein LinkedIn-Profil, trat Netzwerken bei, suchte gezielt nach Arbeitgebern, die auf Diversität und Erfahrung setzen. Bei einem mittelständischen Unternehmen, das bewusst erfahrene Vertriebspersönlichkeiten suchte, wurde er endlich eingeladen – und eingestellt.

 

Er lernte: Man kann Altersdiskriminierung selten beweisen, aber sichtbar machen. Und man kann aktiv dagegenhalten – mit Netzwerken, Weiterbildung, Selbstbewusstsein. Denn nicht jeder sieht in grauen Haaren ein Hindernis. Manche sehen darin ein Zeichen von Verlässlichkeit.

 

FAZIT

Altersdiskriminierung bei Bewerbungen ist real – auch wenn sie selten offen ausgesprochen wird. Die rechtlichen Hürden für einen Nachweis sind hoch, was viele Betroffene frustriert zurücklässt. Trotzdem gibt es Wege, sich zu wehren: durch Information, Beratung, kluge Bewerbungsstrategien und ein starkes Netzwerk. Wer offensiv mit seinem Alter umgeht, Weiterentwicklung zeigt und gezielt nach offenen, altersdiversen Unternehmen sucht, erhöht seine Chancen deutlich. Wichtig ist: Nicht zurückziehen, sondern sichtbar bleiben – mit Haltung, Würde und einem klaren Selbstbild. Denn Erfahrung ist keine Last, sondern ein Wert.

 

10 Punkte, wie du Altersdiskriminierung beim Bewerbungsprozess entgegentrittst, findet Ihr im Download unter:

2. Männer und Altersdiskriminierung

 

 

Bild: Kleiner Hinweis: KI im Einsatz!

 

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